In der dritten Grundschulklasse schickte mich doch meine Klassenlehrerin, Frau Diederichsen, zum Leiter der hiesigen Feuerwehrkapelle, damit ich mich dort abreagieren sollte, trommelte ich doch immer auf der Buchablage unter meiner Schulbank herum. Nun da hatte ich im ersten Moment wohl Lust zu: Ich glaube es war immer Abends um sieben, einmal die Woche und ich schlich in dieses dunkle, leicht unheimlich und etwas muffelig riechende Feuerwehrgerätehaus, in dessen Obergeschoss Herr Spittler mit seiner Familie wohnte. Ich meldete mich immer an und wir zwei gingen in einen Kellerraum in dessen einer Ecke die wunderschönen Feuerwehrtrommeln in einem Schrank mit Glastüren standen. Groß war die Enttäuschung, denn mit den Stöcken die ich bekam wurde auf einem alten Tisch geübt. Nix war´s mit den schönen Trommeln und leider auch nach einem guten Jahr noch nicht. Immer schielte ich zu dem Schrank hinüber, aber der Blick wurde nicht verstanden und so wollte ich lieber nicht mehr trommeln lernen. Außerdem lief doch zu dieser Zeit immer „Maxwell Smart“- immer wenn er Pillen nahm, im Fernsehen. Das war doch viel interessanter. Im nachhinein muß man aber konstatieren, dass meine Fähigkeit „traditionell Grip“ zu spielen wohl auf die Stunden mit Herrn Spittler zurückzuführen sind.
In der 5. Klasse kam ich mit Jürgen Flor in eine Klasse. Ein wohlbeleibter, symphatischer Kerl vom Lande den wir „Specki“ nannten. Sein Vater spielte in der „Borgsumer Kapelle“ elektrisches Akkordeon und Jürgen versuchte sich schon früh am Schlagzeug und besaß sogar schon ein eigenes. Von ihm lernte ich die ersten Grundschläge und als er sein Schlagzeug verkaufen wollte war meine Stunde gekommen. Für DM 90.- erstand ich eine Basstrommel, eine Snaredrum, eine HiHatmaschine nebst HiHatbecken und ein winziges Becken. Die beiden Trommeln wurden mit D-C-Fix-Folie von Eisen-Gustav bezogen. Ich war stolz wie Oskar, allerdings auch etwas neidisch auf das neue Schlagzeug von Jürgen, das er für DM 400.- gebraucht gekauft hatte. Steffen, ein anderer neuer Klassenkamerad, tat es seinem großen Bruder Töns nach und spielte E-Gitarre. Mit ihm tat ich mich zusammen und wir gründeten unsere erste Band. Nachdem Erk dazugestoßen war konnte es losgehen. Er war stolzer Besitzer eines winzigen Röhrenverstärkers und die alten Röhrenradios von Börge Tramm wurden ihrer Lautsprecher beraubt um sie anschließend auf eine große durchlöcherte Spanplatte zu schrauben und sie irgendwie anzuschließen.
Mit diesem gigantischen Equipment wurde dann ordendlich Lärm gemacht. Da war ich elf.
Unser Vorbild war Steffens großer Bruder Töns, der in der Band „Uncle Sam“ spielte. Und kaum ein Jahr später fragte Töns mich ob ich nicht bei ihnen mitspielen wollte. Die Band bekam den Namen „Ara Pacis“ und etwa aus dieser Zeit stammt das Foto der Urbesetzung dieser Band. Jugendgottesdienst in der Boldixumer Kirche und wir spielten Little Billy von The Who. Das Schlagzeug bekam ich von meinem Vater zum 12.Geburtstag. Er hat mich und später auch die Band Ara-Pacis eigentlich immer unterstützt, sei es finanziell oder z.B. als Fahrer. Auf dem Foto außerdem zu erkennen (sitzend) ist Erk, der als Rythmusgitarrist dazukam.
Wir spielten im Erdbeerparadies als Vorprogramm von „Same Thing“ einer Föhrer R & B-Band, auf den Discos der Konfirmanden und im Jugendzentrum. Proben durften wir auf der Bühne in der Aula des Gymnasiums und als Gegenleistung spielten wir auf dem Schulfest. Mein Musiklehrer Hanns Meiser verdonnerte mich dann auch noch mit sanftem Druck zur Mitarbeit im Schulorchster. Hätte der geahnt, dass ich mal sein Kollege an der Musikschule werde …
Hier die Bestzung von 1976:
von links: Sönke Drewsen, Bass – heute Facharzt für Psychiatrie
Töns Brautlecht, Lead-Vocals, Git – Dipl.-Ing. Elektrotechnik
Ich, Drums – gelernter Tischler, zwischenzeitlich Einzelhändler, jetzt Screendesigner, Schlagzeuglehrer
Erk Braren, Git. – Gitarrist, Restaurator, Lebenskünstler
Wolfgang Schiffner, Git, Voc – Dr. Phil, Musiker, Verleger, Ton-Ing, Komponist, Referent, Gutachter.
Den größten Schritt nach vorne machten wir zweifelsohne mit dem Dazustoßen von Wolfgang Schiffner, der vorher Gitarrist bei „Same Thing“ war. Er war etwas älter als wir und hat, nach eigenem Bekunden, den Quintenzirkel erfunden. Dass es den schon gab wußte er zur damaligen Zeit noch nicht. Er wußte also einiges über Musik, von dem wir profitierten.
Ara Pacis entwickelte sich von ca. 1975 bis 1979 zu einer Art Kultband im Norddeutschen Raum. Die Spielmöglichkeiten erschöpften sich zur damaligen Zeit allerdings auf das „Superding“ in Niebüll und die zahlreichen Jugendzentren. Mit meinem damaligen Roady bin ich seit 1984 verheiratet. Gilly baute mein riesiges Sonor-Set in dreißig Minuten, inkl. Mikrofonen auf und ich brauchte absolut nichts nachjustieren.
Sönke verließ uns dann irgendwann und der jüngere Bruder von Töns, Steffen übernahm den Bass, nachdem er sich schon an den Percussions verdient gemacht hatte.
1979 nahmen wir dann unsere erste und einzige Schallplatte auf (To The Westcoast).
Keyboards spielte dabei ein Freund von Wolfgang, der schon einige Male unser Vorprogramm machte, Günther Brackmann, ein begnadeter Boogie-Pianist. Leider kann er seine persönlichen Befindlichkeiten heute nicht hintenanstellen und verweigerte uns das Verwenden von Aufnahmen unseres 90er Revival-Konzertes auf dem er mitspielte.
Jedenfalls war der Wunsch nach einem Keyboarder geweckt und so stieß Axel Jensen zu uns, den Töns während seiner Bundeswehrzeit in Leck kennelernte. Mann, was für ein Geschleppe. Hammond, Rhodes, String, Hohner D irgendwas, Moog, Lesley …… nur die Keys füllten Wolfgangs Bully.
Der Vollständigkeit halber darf ich nicht vergessen unseren langjährigen Tonmann Bernd Steyer zu erwähnen, der immer für den guten Ton über die PA sorgte, die wir nach und nach von den spärlichen Gagen anschafften.
Weiterhin darf Christian Petersen nicht unerwähnt bleiben, der für die Gigs sorgte, die Kasse hütete, Fotos machte, Livemitschnitte fabrizierte und versuchte gute Stimmung zu verbreiten.
Im Sommer 1980 spürte ich jedoch, dass die Chemie nicht mehr so recht stimmte. Insbesondere die Streitereien zwischen Töns und Axel zehrten an den Nerven. Es wurde auch Kritik an mir laut und so verließ ich die Band, machte aber noch einige Male den Roady und spielte mit einigen Bandmitgliedern noch in späteren Projekten.
Die Band spielte noch ca. ein Jahr mit anderem Schlagzeuger weiter und mein Nachfolger war zweifellos technisch besser als ich, dennoch löste sich die Band dann auf, was mir im nachhinein zeigt, dass da auch unter den anderen der Wurm drin war. Ich hatte also die richtige Entscheidung getroffen.
Exkurs: Heute geht man mit den Dingen von damals wieder anders um und so freute ich mich sehr, dass Wolfgang die Idee mit einer CD hatte. Auf dieser CD gibt es Livemitschnitte unserer Konzerte sowie einige späte Demoaufnahmen. Mehr zu „Anthology“ und ARA PACIS findet Ihr hier …
Inzwischen haben wir unser 2002er Revivalkonzert hinter uns und es war rührend die Zuhörer unsere alten Songs (wenn von uns auch etwas moderner interpretiert) mitsingen zu hören. An dieser Stelle nochmal vielen Dank an Torben für den Sound, Erich für das Licht und dem MTF e.V. für die Mayer-Power.
Aber wieder zurück zu den 80ern:
In den folgenden Jahren machte ich musikalisch eigentlich gar nichts, war auch beruflich als Einzelhandeslkaufmann sowie familiär sehr eingespannt, bis sich bei uns auf der Insel neue Talente offenbarten und Crunch-Music gegründet wurde. Der Name hat es mir angetan, doch leider kein Glück gebracht. Da gab es Ungeduld, Überflieger, Unzuverlässigkeit und so war dieses Kapitel schnell, wenn auch mit etwas Wehmut, beendet. Unsere damalige Sängerin Vera Binge sang später einen meiner Songs (Text Vera) mit der Husumer Band „Harten Lena“
Danach kam „Rockwell“: Ich ersetzte den Schlagzeuger der Band, wir probten, spielten einen Festivalauftritt, u.a. mit den Jeremy Days und lösten die Band auf. Warum, kann mir bis heute niemand erklären.
Bei „Loco“, einem späteren Jazz-Rock-Projekt lag der Fall etwas anders. Wir waren älter geworden und da man auf Föhr nicht studieren kann, kamen immer wieder Dinge dazwischen, die man nicht unbedingt steuern kann.
Mit dem damaligen Bassisten Nils Lorenzen bin ich bis heute das „Dreamteam“, sozusagen eine homogene Masse (aktuelle Bands mit ihm: Public Rehearsal Jazz Quartet und The Breakbrakes)
Durch einen Zufall lernte ich den neuen Musiklehrer am Gymnasium kennen, der gerade eine Big Band gegründet hatte und selbst die Trommeln rührte (Das Grauen). Ich war so geschockt, als ich die Band das erste Mal hörte, ließ mich aber doch breitschlagen mitzuspielen. Rainer Kleinlosen, heute in S-H ein anerkannter Big-Band-Leiter, konnte sich jetzt ganz auf die Band konzentrieren und wir wurden stetig besser. Aus beruflichen Gründen mußte ich dann leider nach drei Jahren aussteigen, konnte aber an einen Nachfolger übergeben. Bei der LP der Band half ich dann noch aus.
Mit wieder mehr Zeit versehen schloß ich mich einem kleinen Jazz-Ensemble der Musikschule an und bin über die Jahre dabeigeblieben. Aus dem Ensemble sind mittlerweile drei Big-Bands an der Musikschule geworden, die schon mehrere Preise bei Wettbewerben einheimsten. Vor über 25 Jahren begann ich an der Musikschule zu unterrichten und meine Hauptaufgabe sehe ich im Heranführen der Kids an die Bands, was bisher auch meist gelang.
Da es mit der Musikschule über die Honorarfrage kein Übereinkommen mehr gab (13 Jahre ohne Honorarerhöhung sind einfach inakzeptabel), unterrichte ich jetzt rein privat, spiele aber noch in der Musikschulband Tidenhup.
Mit dem „Music-Ensemble-Föhr“ tourte ich dann ab ´95 mit „Joseph & the amazing …..“ , sowie 2001 Aufführung des Alex Petrov-Musicals „Orpheus“. Hier dann Drums & Percussion mit einem meiner Schüler zusammen, was mich sehr stolz machte.
Bis vor einigen Jahren spielte ich dann im „Jazz-Corporation-Quartet“ und jetzt in fast identischer Besetzung im „Public Rehearsal Jazz Quartet“. Jazz-Klassiker aber auch ausgefallene sowie etwas unbekanntere Titel gehören zu unserem Repertoire. 2013 veröffentlichten wir unsere CD „Jazz„.
Aus dem Unpluged Projekt „Those Days“ ab 2010 mit Sängerin Vera Binge, dem ehemaligen Ara-Pacis Gitarristen Wolfgang Schiffner und seinem Sohn Benny sowie meinem langjährigen Weggefährten Nils Lorenzen wurde schließlich die Rockband „The Breakbrakes“ ab 2012, die sich im Sommer 2023 auflöste.
Ebenfalls im Jahre 2023 ergab sich eine Zusammenarbeit als Percussionist mit meinem Neffen Paul Ganzel (Gitarre) und der brasilianischen Sängerin Kacau Gomes.